Lehrer:innen, die mit ihren Schüler:innen nach Süditalien reisen, können mit dem folgenden Text einen sanften Einstieg in die Thematik schaffen. Vielleicht besichtigt die Schulklasse die Krippenstraße auf ihrer Klassenreise auch live vor Ort.
Weihnachtskrippen in Neapel werden nicht nur mit der Heiligen Familie bestückt. In diesem Jahr gibt es einen Renner.
Papst Franziskus, Adolf Hitler und das Jesuskind stehen in Reih und Glied. Im ersten Moment klingt das wie ein Witz der eigenen Schüler:innen. Die Miniaturbilder dieser Menschen kann sich die Italienerin oder der Italiener je nach Gusto aber tatsächlich in die weihnachtliche Krippe stellen. In einem Jahr sticht aber einer in den Verkaufscharts der Figurenhändler in Neapel die „Klassiker“ aus: Innenminister Matteo Salvini.
Früher soll ja selbst der Teufel zum festen Personal gehört haben. Gut und Böse geben sich darin die Klinke in die Hand. Seit etwa 20 Jahren finden in den weihnachtlichen Arrangements auch Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben ihren Platz. Doch nicht jeder in der weltbekannten „Krippenstraße“ Via San Gregorio Armeno in der quirligen Altstadt von Neapel kann sich mit dem Salvini in Miniaturformat anfreunden. „Mit diesen Figuren aus der Politik oder dem Showbusiness wollen die anderen doch nur auf sich aufmerksam machen“, sagt Fulvio Forte, „und das auf Kosten der Tradition“.
Die Leute liefen durch die Gasse und griffen sich einfach irgendeine Figur, ohne dass es mehr eine Bedeutung habe. „Dabei wäre es doch gerade in diesen schwierigen Zeiten sinnvoller, sich einen Glücksbringer statt des Innenministers in die Krippe zu stellen.“
Ein Handwerk, das bis in das 17. Jahrhundert reicht
Der 45-Jährige führt den Kunsthandwerksladen in der „Krippenstraße“ in der vierten Generation und sagt von sich, er habe 40 Jahre Berufserfahrung. „Ich bin mit diesen Figuren groß geworden.“ In seinem Laden gib es den Miniatur-Salvini nicht zu kaufen. Hier gibt es nur Tradition. Was in Neapel nicht etwa heißt, dass nur Joseph, Maria und das Jesuskind und vielleicht noch die heiligen drei Könige in einer Krippe Platz finden. Als die wichtigsten Figuren nennt Forte zum Beispiel den buckeligen und beleibten Scio Scio, der vor allem Glück bringen soll. Oder Pulcinella, eine Art süditalienische Hanswurst.
Gern erzählt Forte die Geschichte seines Handwerkes, die bis in das 17. Jahrhundert reicht. Damals waren die Krippen ein Abbild dessen, wie sich reiche Adelsfamilien das einfache Leben des Volkes vorstellten. Die Darstellung des Alltagslebens ist es, was die neapolitanische Krippe von andren unterscheidet. Nicht die heilige Familie steht hier im Mittelpunkt, auch Pizzabäcker, Weinbauern oder Metzger bevölkern die Szenerie. Die neapolitanische Krippe sei schon immer eine Verbindung von Sakralem und Profanem gewesen, so Forte.
Moderne Figuren in der Weihnachtskrippe
Wenige Häuser weiter steht er, der Salvini, in einem blauen Polizei-T-Shirt, das auch der Innenminister aus Fleisch und Blut gern als Zeichen seiner Stärke überstreift. Salvini wolle sogar bald selbst einmal vorbeikommen, sagt Rosario Di Virgilio, betont beiläufig. Doch der Stolz darüber ist deutlich aus dem nuscheligen Neapel-Dialekt herauszuhören. Vor der Auslage hat sich einer Traube Jugendlicher gebildet, die belustigt Fotos macht.
Auch Marco Ferrigno hat nichts gegen moderne Figuren in der Weihnachtskrippe. Salvini sei der meistverkaufte Politiker, auch in seinem Laden. Aber Fußballstar Cristiano Ronaldo, der für Juventus Turin spielt, könne auch den Lega-Chef noch nicht überholen. Damit allerdings hat Ferrigno dann doch ein Problem. „Wissen sie, Juve ist für uns hier in Neapel der schlimmste Fußballverein, den es gibt“, sagt der 50-Jährige und verzieht schmerzhaft das Gesicht. Die Herstellung des Salvini-Figürchens, die etwa vier Tage in Anspruch nimmt, bereite ihm da weniger Kopfschmerzen. Aber, so fügt Ferrigno hinzu, er gäbe den Käufern doch immer einen Rat mit auf den Weg: Wenn sie ihren Salvini in die Krippe stellen, dann lieber möglichst weit weg von Melchior.

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