Es ist eine liebgewonnene Tradition, die Klassenkasse mit einem Kuchenbasar für eine anstehende Klassenfahrt ein wenig zu konsolidieren. Eine EU-Reform der Umsatzsteuer könnte den Kuchenverkauf an Schulen ab dem kommenden Jahr nun deutlich verkomplizieren. Kommt die Kuchensteuer ins Klassenzimmer? Bislang waren öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Schulen von der Umsatzsteuer befreit. Künftig sollen jedoch auch für sie Steuern anfallen, wenn sie Leistungen anbieten, die private Unternehmen im Wettbewerb benachteiligen würden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn kein Wettbewerb vorliegt.
Im Kern geht es also um die Frage, ob der Kuchenverkauf an der Schule dem örtlichen Bäcker Konkurrenz machen könnte. Was wie eine weitere, bürokratische Posse aus Brüssel klingt, hat mittlerweile die Bundesländer erreicht, die diese Regelung umzusetzen haben.
Baden-Württemberg als Vorreiter: Kehrtwende bei der „Kuchensteuer“
In Baden-Württemberg hat man sich demzufolge des kontroversen Themas angenommen und eine Kehrtwende bei der „Kuchensteuer“ erreicht. Kuchenverkauf durch Schüler oder Eltern wird auch künftig Umsatzsteuerfrei sein. Es muss nur klar sein, dass die Schüler den Kuchen verkaufen, aber eben nicht die Schule als öffentliche Einrichtung selbst.
Die Kuchen-Debatte rief auch schon den Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, Jörg Wojahn, auf den Plan. Laut dem EU-Beamten habe man es hier mit einem klassischen Fall von Goldplating zu tun. Nämlich der im Grunde unerwünschten Übererfüllung von EU-Mindeststandards. In der ursprünglichen EU-Mehrwertsteuer-Richtlinie von 2006 steht, dass Einrichtungen öffentlichen Rechts wie Schulen grundsätzlich nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Dies allerdings nur, wenn durch ihre Tätigkeiten keine größere Wettbewerbsverzerrung zu privaten Unternehmen entsteht.
Jörg Wojahn wörtlich: „Wenn eine Schülergruppe drei Mal Kuchen verkauft, um ihre Schulparty zu finanzieren, ist das natürlich kein Problem. Wenn der geschäftstüchtige Schülersprecher sich aber jeden Morgen auf den Schulhof stellt und den Kuchen billiger anbietet, als die Bäckerin nebenan, ist dies eine Wettbewerbsverzerrung.“ In diesem Falle greife dann die Regel, dass der Verkauf besteuert werden müsse.
Auch der Finanzausschuss-Chef des Deutschen Bundestages, Alois Rainer, forderte bereits gegenüber Bild alle Bundesländer auf, zu prüfen, ob eine Umsatzsteuerpflicht auf Kuchenverkauf wirklich unvermeidbar sei.
Baden-Würtemberg hat jetzt zugunsten der Schüler vorgelegt. Auch NRW hat die Regelung bereits gekippt. Bleibt zu hoffen, dass die anderen Bundesländer bald nachziehen werden.