Die Koffer sind in der Luft und die Schüler:innen am Boden: was jetzt zu tun ist und wie Lehrer:innen vorbeugen
Endlich sind Schüler:innen und Lehrer:innen am Ziel angekommen. Nur leider ohne Koffer. Das ist ein nervenaufreibender Start in die Klassenfahrt. Das Problem tritt jedoch gar nicht mal so selten auf. Weltweit gingen im vergangenen Jahr mehr als 42 Millionen Gepäckstücke im Luftverkehr verloren oder kamen verspätet an. Bezogen auf 1000 Passagiere zählte die Association of European Airlines knapp 17 zeitweilig verschwundene Gepäckstücke.
In 95 Prozent der Fälle taucht das Gepäck nach spätestens fünf Tagen wieder auf. Bei einer siebentägigen Klassenfahrt ist die Gruppenfahrt dann trotzdem gelaufen. Einfach hinnehmen muss das keine Schüler:in. Grundsätzlich haftet der Vertragspartner für den Verlust. Bei einer Pauschalreise ist dies der Reiseveranstalter. Bei einem Linienflug die Fluggesellschaft. Die Fluggesellschaft ist dabei an das Montrealer Obereinkommen von 2004 gebunden:
Haftung
Egal, ob das aufgegebene Gepäck verspätet, beschädigt, zerstört oder gar nicht eintrifft. Schadenersatz in Höhe von bis zu 1000 Sonderziehungsrechten steht jedem Fluggast und damit auch jedem:r Schüler:in zu. Diese künstliche Währungseinheit entspricht ungefähr 1200 Euro.
Nachweis
Die Fluggesellschaft muss nur zahlen, wenn der oder die Schüler:in die Schadenshöhe glaubhaft beweisen kann. Alternativ müssen dies Lehrer:innen oder Eltern tun. Das heißt: Sämtliche Quittungen für Ersatzkäufe, Telefonate und alle weiteren Ausgaben aufbewahren. Wichtig außerdem: Boarding-Ticket, Gepäck-Kontrollabschnitt (Aufkleber mit Registriernummer) und Property Irregularity Report. Den sollte der oder die Schüler:in möglichst umgehend beim »Lost &Found«-Schalter ausfüllen und quittieren lassen. Minderjährige SchülerInnen erhalten hier Unterstützung von ihren BegleiterInnen und den Eltern.
Was es noch zu beachten gilt
Fristen
Der verschollene Koffer muss sofort am Flughafen gemeldet werden. Ansonsten bleiben den Schüler*innen hinterher noch 21 Tage, Entschädigung zu fordern. Bei erst später erkannten Beschädigungen am oder im Gepäck läuft die Frist nach sieben Tagen ab. Diese Frist wird jeweils ab dem Datum gerechnet, an dem der oder die Schüler:in das Gepäck erhalten hat.
Pauschalklassenreisen
Erster Ansprechpartner ist der Reiseveranstalter der Klassenfahrt. Von ihm holt man sich das Geld für Ersatzkäufe und die damit verbundenen Aufwendungen wieder. »Pauschalreisende haben aber noch mehr Rechte«, sagt Jan Bartholl, Rechtsanwalt.
Karten-Code
Mit dem Gepäckabschnitt auf der Bordkarte weist sich der oder die Schüler:in als Eigentümer seines Koffers aus. Die Nummer unten wird nur einmal vergeben. Sie erlaubt die weltweite Suche. Die Angabe 1/20 nennt Anzahl und Gewicht der Gepäckstücke. Die grünen Randstreifen weisen auf ein Ziel innerhalb der EU hin.
Was dem Fluggast zusteht – Koffer Katastrophen
Koffer verspätet
Lässt der Koffer auf sich warten, sollten Schüler:innen sich sofort beim »Lost and Found«-Schalter“ melden. Alternativ füllen Schüler:innen oder deren Lehrer:innen auf Klassenfahrt direkt bei der Fluggesellschaft den »Property Irregularity Report« aus. Hier nehmen die Schüler:innen auch ihre Referenznummer entgegen. »Wer diese Gelegenheit verpasst, hat verloren«, sagt Anke Lobmeyer von der Schlichtungsstelle Mobilität. Schüler:innen und ihre Begleiter:innen sollten die Adresse parat halten, an die das Gepäck später geliefert werden soll. Nach Erhalt des Gepäckstücks hat der Fluggast 21 Tage Zeit, Schadenersatzansprüche schriftlich geltend zu machen
Koffer kaputt
Wenn das Gepäck der Schüler:innen beschädigt ist, sollten die Schüler:innen das möglichst sofort noch am Flughafen melden. Vielleicht fallen den Schüler*innen Beschädigungen erst später beim Auspacken auf. Dann sollten die SchülerInnen binnen sieben Tagen die Fluggesellschaft schriftlich über den Schaden informieren. Die Schüler und Schülerinnen sollten auch eine schriftliche Bestätigung verlangen.
Koffer unvollständig
Fehlt den SchülerInnen oder Lehrer*innen etwas im Gepäck, ist wie im Falle einer Beschädigung die Sieben-Tage-Frist einzuhalten. Innerhalb dieser Zeit sollten SchülerInnen und Lehrer:innen die Airline informieren. Am besten nutzen sie dafür ein Einschreiben mit Rückschein.
Koffer weg
Nach drei Monaten geben die Fluggesellschaften in der Regel die Suche auf. Den Totalverlust gibt es aber offenbar sehr selten: Weniger als ein Gepäckstück pro 2 000 Passagiere betrifft dieser Fall. Wenn Lehrer:innen selbst recherchieren wollen, klicken sie sich im Internet durch das weltweite Gepäcksuchsystem www.worldtracer.aero.
Entschädigung
Soforthilfe
Schüler:innen und Lehrer:innen, die jetzt ohne Ersatzkleidung dastehen, sollte das unbedingt angeben. TUlfly zahlt 50 Euro pro Tag ohne Koffer, die Lufthansa verteilt »Notfall-Kits« für Damen und Herren mit Zahnbürste, T-Shirt und Co.. Außerdem gibt es Barvorschüsse bis zu 200 Euro. Toilettenartikel ersetzt sie voll, Kleidungsstücke zu 50 Prozent. Um die Ersatzkäufe nachträglich erstattet zu bekommen, sollten Schüler:innen alle Quittungen sammeln. Bis zu 1200 Euro stehen jedem Schüler und jeder Schülerin zu. Auch, wenn der Koffer nach kurzer Zeit wieder auftaucht,
Neuer Koffer
Manche Fluglinien haben mit Koffer-Läden direkt am Flughafen Rahmenverträge. Hier gibt es dann sofort einen neuen Koffer für betroffene Schüler:innen und Lehrer:innen. Sonst gilt: Bis zu 1200 Euro müssen die Airlines erstatten. uch für diesen Fall liegt die Haftungshöchstgrenze laut Montrealer Übereinkommen bei max. 1200 Euro (siehe Infos zu verspätetem Gepäck). Mehr als 1200 Euro Schadenersatz sind laut Montrealer Übereinkommen auch bei Total-Verlust nicht drin. Immerhin müssen Schüler:innen hier aber keine Anzeige-Fristen einhalten.
Schon vor dem Reiseantritt können Schüler:innen und Lehrer:innen aber viel Ärger vermeiden
Große Umsteige-Flughäfen meiden
Wenn möglich sollten Lehrer:innen bei der Organisation einer Klassenfahrt große Umsteige-Flughäfen meiden.
Wiedererkennung
Über die Hälfte der Gepäckstücke ist dunkelgrau. Schüler:innen, die keine Knallfarben mögen, können ihre Koffer zumindest mit Bändchen oder Aufklebern von der Masse abheben.
Adresse
Auf den verdeckten Kofferanhänger gehören Heimat- und Urlaubsadresse. Zur Sicherheit sollten Schüler:innen die Kontaktdaten auch zuoberst auf die gepackten Sachen in den Koffer legen. Handgepäck Laptop, Handy, Dokumente, Kamera, Ladegeräte, Schmuck und Geld sollten Schüler:innen grundsätzlich ins Handgepäck tun. Auch Medikamente (mit Attest) und Zahnbürste gehören ins Handgepäck der Schüler:innen.
Versteigerungen
Manchmal bleibt der Koffer der Schüler:innen oder Lehrer:innen verschollen. Dann sind Versteigerungen die letzte Hoffnung. Hier versteigern die großen Airlines alle Koffer, die nach drei Monaten keinen Finder haben. Bis zu 200 Euro zahlen manche für solch herrenlose Koffer – ohne vorher reinzuschauen. Maren Wendt vom gleichnamigen Auktionshaus konnte einmal einem Gast sein eigenes Gepäckstück überreichen: einen Rucksack mit Bergsteigerausrüstung.
Chaos am Flughafen: Unpünktlich und Koffer weg
Verspätungen
Mit fast 70 Millionen Flugreisenden im Jahr ist London-Heathrow der größte Flughafen Europas. Gleichzeitig ist der Flughafen Spitzenreiter in Sachen Unpünktlichkeit. Knapp 36 Prozent aller Flüge waren 2007 zu spät. Gefolgt von London Gatwick und Rom mit einer Verspätungsquote von jeweils 30 Prozent. Gepäckschwund Auch hier schlechte Noten für London: Allein British Airways verschlampte 27 Gepäckstücke auf 1000 Passagiere im vergangenen Jahr. Übertroffen wird das nur von der portugiesischen TAP: Sie verlor 28 Stücke bezogen auf 1000 Passagiere.