Topographie des Terrors: Historie hautnah
Ein wahrhaft mitfühlendes Erlebnis ist der Besuch im Museum „Topographie des Terrors“. Es ist ein beliebtes Ziel für Klassen aus ganz Deutschland, die auf einer Schulreise in Berlin sind. Hier werden Eindrücke, über das damalige Dritte Reich den Schüler:innen gezeigt, in einer Art, die im Unterricht von Lehrer:innen kaum möglich ist. Mehr Informationen in dem Artikel.
Im Machtzentrum der Täter
Wo der Holocaust geplant wurde: Die „Topographie des Terrors“ zeichnet den Schreckensort der deutschen Geschichte nach.
Ein» offene Narbe, kein Stadtpark, kein lieblicher Platz. Hier treffen das Dritte Reich und seine sichtbaren Folgen zusammen. – Direktor Andreas Nachama über das Gelände der Topographie des Terrors
Äußerlich verbindet nichts den schlichten, quadratischen Atriumbau mit einer Verkleidung aus längslaufenden Metallstäben mit der spektakulären Architektur des Holocaust-Mahnmals. Dennoch gehören beide zu den eindrücklichsten Stätten des Gedenkens und der Erinnerung an den nationalsozialistischen Terror.
Das Dokumentationszentrum der Topographie des Terrors ist eine „Stätte der Täter“. Auf dem Gelände der Zentralen von JSS, Gestapo und Reichssicherheitshauptamt präsentiert die Stiftung unter Leitung von Andreas Nachama eine neu konzipierte Dauerausstellung zu den NS-Institutionen, in denen der Vernichtungsterror der Nationalsozialisten organisiert wurde.
Der SS-Staat „hatte hier sein Zentrum“, sagte Nachama bei der offiziellen Vorstellung der Anlage. Es sei kein Zufall gewesen, dass Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt mitten im Regierungsviertel -gegenüber dem Reichsluftfahrtministerium und unweit von Hitlers Neuer Reichskanzlei – residiert hätten, anstatt außerhalb der Innenstadt ein Kasernengelände zu beziehen. „Dieser Terror war Teil des Systems“, sagte Nachama. Heute sind das Holocaust-Mahnmal und das Jüdische Museum Berlin nur einen kurzen Spaziergang entfernt.
„Sachlich“ sollte der Bau sein, und „sachlich“ soll sich die Ausstellung präsentieren, betonte Nachama mehrfach. 54 Meter lang und breit mit einer Höhe von 7,20 Metern steht der Bau auf einem Feld von Grauwacke. Entworfen wurde es von der Berliner Architektin Ursula Wilms. Im oberen Bereich befindet sich die Dauerausstellung mit Fotografien und zeitgenössischen Texten zu den Tätern und Organisationen des Naziregimes und Platz für Wechselausstellungen. Im Untergeschoss ist die Bibliothek.
Beiden Exponaten habe die Stiftung versucht, auf „Inszenierung“ zu verzichten und „das Maß an Grausamkeit“ zu reduzieren, sagte Nachama. Die Ausstellung solle auch ein Betrag dazu sein, den Besuchern die Bedeutung von demokratischen Grundwerten nahezubringen.
Bis in die 80er-Jahre war das Gelände an der heutigen Niederkirchstraße in Vergessenheit geraten. Die Ruinen waren beseitigt, Bäume wuchsen allmählich auf dem Schuttberg. Erst als eine Initiative Berliner Bürger auf dem Gelände unmittelbar an der Berliner Mauer Ruinen der NS-Gebäude fand, unter anderem des sogenannten Hausgefängnisses, wuchs das Interesse und langsam entstand die Topographie des Terrors als Ausstellung im Freien.
In den 90er-Jahren wollte Berün der Stätte schon einmal ein Gebäude errichten. Der Entwurf des Schweizer Architekten Peter Zum-thor erwies sich jedoch als zu schwierig in der Umsetzung und ließ die Kosten explodieren. 2004 wurden die Rohbauten abgerissen. Auch deswegen sind Nachama und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit erleichtert, das neue Dokumentationszentrum endlich den Besuchern öffnen zu können. ..Eine lange Zeit der Irrungen und Wirrungen ist zu Ende gegangen“, sagte Wowereit.
Das Gelände der Topographie des Terrors ist auch ein Schnelldurchgang durch die deutsche Geschichte nach 1945: Gegenüber dem heutigen Finanzministerium begrenzt eines der wenigen verbliebenen Mauerreste das Grundstück. Hier werde der Besucher auch mit dem Unrechtssystem der DDR konfrontiert, sagte Wowereit. Auf der gegenüberliegenden Seite des Grundstücks haben die Architekten das sogenannte Robinienwäldchen auf den Schuttbergen stehen lassen. Darin finden sich auch noch Teile einer Verkehrsversuchsstrecke aus den 60er-Jahren. Es ist heute ein Symbol dafür, dass „Gras über die Geschichte“ wachsen sollte, erklärte Nachama.
Einen Hang zur Verdrängung der jungen Bundesrepublik gegenüber der NS-Vergangenheit wird noch einmal in der Dauerausstellung deutlich: 530 bunte Karteikarten der Berliner Generalstaatsanwaltschaft sind aufgehängt. Seit 1963 habe die Behörde die Personalakten von 7000 Mitarbeitern des Reichssicherheitshauptamtes geprüft, 300 bis 400 Vorermittlungen gegen Angehörige des gehobenen und höheren Dienstes wurden eingeleitet. Schließlich wurden gegen 16 Personen Strafverfahren eingeleitet. Ein Angeklagter wurde zu lebenslanger Haft, die anderen zu zwölfjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Keiner von ihnen verbüßte die gesamte Haft, (apn)
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